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HISTORISCHE ROSTOCKER BAUWERKE
Vogelsang 14 (ehemalige Ritterschaftliche Bibliothek)

von Hans-Heinrich Schimler (Text und Fotos), Berth Brinkmann (Fotos), Detlev Preuß (historische Fotos)

Am 28. November 2005 eröffnete die Wohnungsgenossenschaft Warnow Rostock-Warnemünde e. G. ihre neue Geschäftstelle im Vogelsang, einer kleinen Straße in unmittelbarer Nähe zum Neuen Markt, dem Mittelpunkt Rostocks. Sie zog in ein klassizistisches Stadtpalais, dem sie damit regelrecht zur Wiedergeburt verhalf.

Das Rostocker Adressbuch von 1949/50 gibt zu der einst fünfzehn Hausnummern umfassenden Straße eine in seiner sachlich-nüchternen Auflistung erschreckende Auskunft. Die Nummern 1 bis 12 und 15 sind demnach unbebaut. Unter der Nummer 13/14 sind das Mecklenburgische Staatsministerium als Eigner und A. Strobelberger, Möbelfabrik, als Mieter verzeichnet. Die Straße war bis auf ein Gebäude Opfer des Bombenkrieges geworden. Und dieses eine Haus findet sich auf der Denkmalliste wieder, aus gutem Grund.

Das 1806 errichtete Palais hatte nach den Brandwunden seine Fassade zwar nicht in ihrer ganzen Ursprünglichkeit bewahren können, zeugte aber auch in der vereinfacht wieder errichtetet Form von seiner architektonischen Qualität. Zu sehen waren noch die Kolossalpilaster und der Dreieck-Giebel. Vom restlichen Fassadenschmuck blieben nur Teile erhalten. Auch die Dachgauben fehlten und im Inneren ist das Haus völlig neu aufgezogen worden. 1942 ausgebrannt, wurde es von der Möbelfirma Strobelberger nach der Ausbombung seiner eigenen Räumlichkeiten als Notunterkunft hergerichtet. Strobelberger war ein altes Rostocker Unternehmen mit dem Titel Großherzoglicher Hoflieferant.

Bauherr des außerordentlich stattlichen Hauses war Rostocker Kaufmann Caspar Georg Heinrich Howitz. Am 28. Dezember 1805 wurde er als Eigner der Grundstücke 1012 und 1013 in das Grundregister der Stadt Rostock eingetragen. Im Tarnowschen Stadtplan von 1780/90 sind sie unter den Flurbuchnummern 1226 und 1227 zu finden. Bereits am 13. April 1805 hatte Howitz das benachbarte Grundstück Vogelsang 12 mit der Grundstücksnummer 1011 und der Tarnow-Nummer 1225 erworben. Im Grundregister lassen sich die ersten beiden Grundstücke bis in das Jahr 1621 sowie das letzte bis 1609 zurückverfolgen. Howitz ließ die vorhandenen Häuser abreißen um sich sein neues prachtvolles Palais bauen zu lassen. 1854 erwarb die Landesregierung das Haus für die Ritterschaftliche Bibliothek und das Landesarchiv.

Die spätere Geschichte lässt sich seit dem Erscheinen der Rostocker Adressbücher gut belegen. Im ersten umfassenden Rostocker Adressbuch von 1856 sind das Ständische Archiv und die Landesbibliothek sowie der Landespedell Maaß verzeichnet. Landesarchiv und Landesbibliothek sind 1918 zu finden. 1929 war das Ministerium des Innern Eigner und betrieb das Pädagogische Institut unter der Leitung von Prof. Dr. Willy Kolz, der auch noch 1940 Direktor der Hochschule für Lehrerbildung war. Auch das Physiologisch-chemische Institut der Universität war im Hause untergebracht.

Seit 1931 werden beide Adressen als ein Grundstück geführt. 1940 ist das Mecklenburgische Staatsministerium, Abteilung Unterricht, mit der Hochschule für Lehrerbildung Nutzer des Hauses. Ein Jahr zuvor ist vom Universitätsangestellten Wilhelm Fischer und Pedell Friedrich Franz Knuth zu lesen. Doch auch Landesarchivar Dr. phil. Ludwig Krause ist unter den Adressaten.

Ab 1952 nutzte die Universität Rostock das Haus. Aus Dokumenten des Universitätsarchivs geht hervor, dass, erstmals in einem Schreiben vom 18. September 1952 benannt, an die Unterbringung der neu zu gründenden Fakultät für Luftfahrtwesen der Universität Rostock in den Räumen der Tischlerei gedacht wurde. Am 7. November räumte die Firma Strobelberger das Haus. Eine schwach zu lesende Aufschrift neben der Haustür erinnerte bis zur Restaurierung an das Unternehmen.

Mit dem Aufbau der auf einen Beschluss der Regierung der DDR vom 4. September 1952 zurückgehenden Fakultät wurde Professor Dr. Klose, Professor für angewandte Mathematik an der Universität Rostock, beauftragt. Zur Vermittlung des erforderlichen Wissens sollten Fachkräfte der Heinkelwerke gewonnen werden, die sich teils in Rostock, teils in anderen Gegenden Deutschlands, aber auch in der Sowjetunion aufhielten. Dabei wurde an die Zusammenarbeit der Universität mit Heinkel erinnert, die ihm 1932 den wissenschaftlichen Grad eines Doktors der Philosophie honoris causa verliehen hatte.

Der Unterricht begann zum vorgesehenen Termin, währte indes nicht lange. Mit einem Schreiben des Staatssekretariats für Hochschulwesen der DDR vom 6. März 1953 wurde die Verlegung der Fakultät an die Technische Hochschule Dresden mit dem Ende des Studienjahres verkündet. Damit fand die kurze Wiederbelebung des Luftfahrtwesens in Rostock ein jähes Ende.

Nachnutzer wurde die Schiffbautechnische Fakultät mit ihrer Fachrichtung Schiffsmaschinenbau. Sie blieb bis zur Fertigstellung der neuen Institutgebäude in der Südstadt, die 1959/60 errichtet wurden. Danach nutzte die Universität das Gebäude unter anderem für den Wissenschaftsbereich Musik, Teile der Physik und als Film- und Bildstelle.

1962 wurde das Haus grundüberholt, ohne dass die Fassade denkmalgerecht restauriert werden konnte. 1991 wurde im Auftrag des Landesbauamtes Rostock ein Projekt zur Dach- und Fassadeninstandsetzung unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten erarbeitet das jedoch nicht umgesetzt wurde.

Dann stand das Haus lange Zeit leer. Schließlich wurde mit großem Aufwand restauriert und umgebaut. Bauplanung, Bauüberwachung und Baukoordination übernahm die Wohnungsgesellschaft Wiro, die über reichlich Erfahrung in Sachen Sanierung historischer Bauten hatte. Die Aufträge gingen mit Ausnahme des Aufzugbaus an regionale Firmen.

Mitarbeiter und Kunden finden Räume in historischer Kulisse vor. Raumhöhen von 4,15 Metern und große Flügelfenster sind sozusagen die Verquickung von alt und neu. Nur die schöne alte Holztreppe, die bis dahin über alle Zeiten gerettet wurde, konnte nicht erhalten bleiben. Brandschutzvorschriften standen dagegen. Dafür kann der Gewölbekeller unter dem abgerissenen Hofgebäude auch für öffentliche Veranstaltungen genutzt werden.

Seinem Platz in der Rostocker Denkmalliste macht das neugeborene Haus am Vogelsang nun wahrlich alle Ehre. Es verkörpert ein gutes Stück Rostocker und mecklenburgische Geschichte.

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