27.04.2013


Die Grabplatte der Krahnstövers in der Marienkirche

Ein Stück Rostocker Kaufmannsgeschichte

In der Rostocker Marienkirche ist links neben dem Altarraum eine Grabplatte in den Fußboden gelassen, die nur teilweise erhalten blieb. Auf ihr sind drei Namen zu erkennen, die ein Stück der Geschichte der Rostocker Familie Krahnstöver erzählen.

Unter den Resten eines Wappens, das nicht mehr zuzuordnen ist, sind die Zeilen Andreas Krahnstöver U.S.E. Anno 1773 zu erkennen. Damit sind Johann Andreas Krahnstöver und seine Erben gemeint. Johann Andreas war der Enkel Hinrich Krahnstövers, der 1692 von Hamburg nach Rostock kam und damit die hiesige Krahnstöverfamilie begründete. Die Jahreszahl 1773 verweist jedoch nicht auf ein Geburts– oder Sterbedatum sondern auf die Übernahme der Familiengruft durch Johann Andreas. Er war der Großvater von Julius Krahnstöver, dem bekannten Rostocker Likörfabrikanten. Das Krahnstöverhaus in der Großen Wasserstraße gibt es noch heute. 

Ganz unten auf dem Grabstein finden wir Hinrich, den Begründer der Rostocker Krahnstöver-Familie. Er hatte die Gruft bereits von der Familie Voss erworben, bei der er Arbeit als Kürschner gefunden hatte. Der auf der Grabplatte mit der Jahreszahl 1678 verzeichnete Peter Voss oder Fos, wie er dort geschrieben wird, war möglicherweise schon der Vater jenes Peter Voss, bei dem Hinrich seine Stellung angenommen hatte. Nach dem Tod seines Meisters Hinrich Voss heiratete Hinrich Krahnstöver dessen Witwe und übernahm sowohl das Hau und die Firma als auch die Grabstätte. Eine Grabstätte in der Marienkirche konnte für 35 oder 40 Jahre erworben werden. Nach Hinrichs Tod im Jahr 1737 sicherte sich die Familie die Weiternutzung der Gruft durch erneuten Kauf. Die Namen der jeweiligen Vorbesitzer wurden üblicherweise ausgestrichen.
Die jetzige Lage der Grabplatte ist nicht mit der ursprünglichen Lage der Gruft identisch. Nach den Unterlagen sollen dort zwölf bzw. Familienmitglieder bestattet gewesen sein.
Auf die angenommene Lage der Grabstätte verweist eine Nachricht aus der Zeitung „Wöchentliche Rostocksche Nachrichten und Anzeigen“ vom 14. April 1773: „Nachdem ad instantiam der hieselbst ohnlängst verstorbenen verwitweten Krahnstövern hinterlassenen Erben, sowohl wegen des ihnen angeerbten in der Blutstraße zwischen dem Kaufmann und Weinhändler Frenzt und dem Gürtler Hesling belegenen Hauses cum pertinentiis, als auch des in der St. Marienkirche, eingangs der größen Kirchenthüre vom Ziegenmarkt linker Hand sub. No. 166 Belegenen Krahnstöverschen Begräbnisses, ein publicum Proclama präclusivum erkannt, und hierzu ein Terminus auf den 22. April a. c. Anberaumet worden; so werden von E. E. Rath der Stadt Rostock alle diejenigen, welche sowohl am Krahnstöverschen Haus als Begräbnisse ex quocunque capite vel causa eine begründete Ansprache und Forderung zu haben vermeynen hiermit öffentlich citiret und vorgeladen...“.
Es geht um einen auf eine öffentlich abgeschlossene Beschwerde zurückgehenden Rechtsstreit, zu dem ein Termin beim Rat der Stadt angesetzt wurde. Interessant vor allem ist aber die Lagebeschreibung der Grabstätte. Demnach könnte sie links neben dem Portal im Südquerhaus gelegen haben.
Bei der „ohnlängst verstorbenen Krahnstövern“ handelt es sich um die am 15. September 1772 in der Marienkirche beerdigten Ilsabe Dorothea Krahnstöver, der Ehefrau Hinrich Krahnstövers, der am 8. Oktober 1737 verstorben war, und am 18. Oktober ebenfalls in der Marienkirche beigesetzt wurde. Seine Frau hatte ihn um rund 35 Jahre überlebt. Dieser Seekaufmann Hinrich war der Enkel des aus Hamburg gekommenen Hinrich.  

Die alte Krahnstöversche Familienchronik verzeichnet zwölf in der Marienkirche beigesetzte Familienmitglieder, die hier mit dem Datum ihrer Beisetzung oder wenn nicht vorhanden mit dem Sterbedatum aufgelistet sind:
Claus, 12. 6. 1699; Margarethe, Wwe. Voß, geb. Karstens, gest. 30. 7. 1705; Andreas, 26. 7. 1728; Hinrich sen., 18. 10. 1737; Hinrich jun., 20. 4. 1751; Ilsabeh, geb. Blanck, 15. 9. 1772; Andreas jun., gest. 4. 2. 1794; Anna Johanna Elisabeth, geb. Seeland, gest. 1. 4. 1796; Johann Christoffer gest. 1797(?); Heinrich Jacob, 15. 5. 1809; Andreas sen., 15. 5. 1809; Christine Dorothea Elisabeth, geb.Krahnstöver, 22. 9. 1854.

Weitere ungenaue Angaben (12 bzw. 18 offizielle Bestattungen) lassen vermuten, dass noch weitere Familienmitglieder in der Begräbnisstätte beigesetzt waren.
 

Der Grabstein in der Marienkirche. Foto: Schimler