Auszug ab Seite 9:

Die Burg Hohenzollern und die westlichen Villen

Mit dem Bau des Alexandrinen-Cottages, des Marien-Cottages, des Cottage Krone und der Burg Hohenzollern um 1840 wurde die Erweiterung Heiligendamms entlang der Küste in westlicher Richtung begonnen. Der bisher ausschließlich als Seebad dienende Ort entwickelte sich mehr und mehr zum Sommersitz; Sommerwohnungen entstanden.
Die Generation der Gründer war abgelöst, Großherzog Friedrich Franz I. starb 1837. Der leitende Badearzt, Gottlieb Vogel, war schon ein Jahr zuvor beerdigt worden. Adolf Kortüm wurde sein Nachfolger.
Bereits 1834 hatte man Carl Theodor Severin wegen seiner Altersbeschwerden in den Ruhestand versetzt. Er wandte sich mit der Bitte an den Herzog, ihm noch die „bisherigen Geschäfte bei der hiesigen Badeanstalt zu überlassen". „Ganz in Untätigkeit zu verweilen, würde für mich eine Strafe sein." Mit Unterstützung seines Neffen hat Severin dann bis zu seinem Tode am 20. Februar 1836 in Doberan und Heiligendamm gewirkt. Thielke würdigt den großen Baumeister in seiner 1917 erschienenen Biographie und faßt seine Leistungen treffend zusammen: „Severin ist kein bahnbrechender Künstler, der auf den Zeitgeschmack bestimmend einwirkte; seine Kunst schließt sich vielmehr dem allgemeinen Zeitstil, im besonderen der Berliner Bauschule um 1800, an. Aber nichtsdestoweniger spricht aus seinen Werken eine urwüchsige Kraft und künstlerische Feinheit, die sie den besten Schöpfungen der Baukunst um 1800 ebenbürtig erscheinen lassen. Mit einem sicheren Gefühl für architektonische Schönheiten sind die Baumassen und Licht und Schatten abgewogen und die Maße der edelgeformten Einzelheiten bestimmt. In der selbstverständlichen Einfachheit der Bauten spricht eine gewaltige Monumentalität zu uns.
Nach dem Tode von Großherzog Friedrich Franz I. übernahm sein Enkel Paul Friedrich die Regentschaft. In einem jungen Architekten, der eben erst seine Ausbildung an der Berliner Bauakademie beendet hatte und seit 1823 in großherzoglichen Diensten in Mecklenburg stand, sah er seinen künftigen Baumeister: Gustav Adolf Demmler. Noch im Jahr des Regierungsantrittes (1837) wurde er Hofarchitekt und 1841 Hofbaurat.
Demmler war anfangs vor allem durch Bauten in Schwerin hervorgetreten - durch das Regierungs- und Kollegiengebäude, das Großherzogliche Schauspielhaus und den Marstall. Um 1838 erhielt er dann den Auftrag, westlich der Kuranlagen von Heiligendamm drei Villen mit Sommerwohnungen und ein größeres Logierhaus zu errichten, die vorrangig von der großherzoglichen Familie genutzt werden sollten.
In den nächsten zwei Jahren entstand unmittelbar an der Steilküste - als westlicher Abschluß des Bauensembles - ein kleines, reich gegliedertes Gebäude, das Alexandrinen-Cottage, bei dem schon die äußere Erscheinung die Lage der ganz auf die Sichtbeziehung zur See hin orientierten Innenräume erkennen läßt. An die Stelle strenger Symmetrie tritt die rhythmische Ausgewogenheit der Bauteile, die von zwei unterschiedlichen achteckigen Türmchen mit geschweiften Helmen zusammengefaßt wird. Hier befinden sich Räume, die einen weiten Blick nach Norden über die See und die Küstenlinie ermöglichen.
Die Hofhaltung entsprach der als lebensfroh geltenden Großherzogin Alexandrine, als Tochter Friedrich Wilhelms III. eine preußische Prinzessin. Heitere Sommergesellschaften wird dieses Gebäude in den ersten beiden Jahren aufgenommen haben. Diese Heiterkeit strahlt die verspielt wirkende Architektur trotz einiger späterer Veränderungen bis heute aus. Nach dem frühen Tod des Großherzogs im Jahre 1842 zog sich Alexandrine jedoch in ihr Cottage zurück.
Blick von der Seebrücke auf Kurhaus, Haus Mecklenburg und Burg Hohenzollern